Montag, 17. Oktober 2011

Löwinnen und Junge - Lionesses and Cubs


Unter Bildhauern gab es bis zum Beginn der Postmoderne Mitte des letzten Jahrhunderts einen kuriosen Streit. Steinbildhauer, die den naturgegebenen Block als einzigen künstleri­schen Ausgangspunkt gelten lassen wollten, waren in gewisser Weise in Konfrontation zu den Plastikern, deren weiches Medium Ton oder Wachs erst durch den Metallguß an Dauer gewann.
Das bildsame Material schien einigen der Behauenden als unkünstlerisch, da man nicht durch den Widerstand des Materials zur Disziplin angehalten und frivole Formen daraus resultieren würden.  Umgekehrt wiesen die Plastiker gerade auf den impulsiven und direkten Umgang mit dem weichen Material hin, der zur „Ursprünglichkeit“ der Gestaltung anhält.
Nicht das ich mich an diesem mühseligen Streit beteiligen wollte, ich möchte auf eine Form der Bildhauerei hinweisen, die meiner Meinung nach vermittelnd zwischen beiden Positionen steht und mit der ich mich in der letzten Zeit beschäftige. Das Treiben in Metall ist sicher eine sehr alte bildhauerische Technik, aber oft wurden die Stücke aus verschiedenen, in Matrizen hergestellten Teilen zusammengesetzt, wie etwa die beeindruckenden  Erosjuwelen des Hellenismus.
Cellini beschreibt in seinen „trattati dell'oreficeria e della scultura“ das freie Treiben eines einzelnen Metallbleches in die Vollplastik.
Ich finde dieses Modellieren einer dünnen Metallhaut auf Kitt im Vergleich zum Behauen ei­nes Blockes oder dem Formen von Ton sehr schwierig, von den technischen Problemen, die sich auch in der Steinbildhauerei finden einmal abgesehen. Die Schwierigkeit besteht darin, daß man nicht von einem Ausgangsvolumen beginnen kann, wie einem Steinblock oder einem Klumpen Ton. Das Volumen wird sehr langsam wie aus einer Flüssigkeit gehoben, das Metall fließt ja auch tatsächlich. Das gesamte Stück reagiert auf jeden einzelnen Schlag und  Korrek­turen sind kaum möglich. Cellini, der auf diese Kunst von Meister Caradosso Foppa lernte, er­wähnte die großen Herausforderungen dieser Art der Bildhauerei in seiner Biographie.
Darin kann ich den alten Meister nur bestätigen, der Weg zu meiner neuesten Arbeit war  schwierig und mit Rückschlägen gepflastert. Im Moment bin ich aber zufrieden mit dem Er­gebnis.   




Die Löwinnen-Köpfe, die Löwenjungen und die Steinfassungen sind jeweils aus einem Stück Silber heraus getrieben.

Die Augen wurden mit einem Hauch Gold akzentuiert. Die magentafarbenen Antikschliff-Sa­phire wurden "en recoupé" gefaßt, einer in der Renaissance gebräuchlichen Faßart.   

Ich denke, diese Studie in einigen Techniken der Renaissance, ist für mich wieder ein neuer Ausgangs­punkt für die Suche nach meinem Ausdruck in diesem Medium.




Until the dawn of post-modernism at the mid of the last century there was a rather strange controversy amongst sculptors. It was a dispute between stone carvers, who were starting their artistic work from a block of stone, at the one hand and sculptors who were using soft media like clay and wax, to be cast in metal on the other hand.  This kind of ductile matter was in suspicion to be “not artistic” just because the material lacks of resistance.  It would lead the artist to ill-discipline and weak shapes.
In opposite to this sculptors in clay were hinting to the directness and impulsiveness of their approach, leading to a kind of nativeness in art.
So, I don’t want to take part in this kind of old and useless dispute but I want to point out another form of the sculptor’s art. This is the approach I am following lately and which is- in my opinion intermediary between the before mentioned artistic methods.
Chasing metal is a very old technique of the statuary art. But mostly the sculptures were fabricated from pieces hammered into moulds. The Hellenistic Eros jewels are surely the most impressive achievement of this method.  
Benvenuto Cellini describes in his famous “trattati dell'oreficeria e della scultura“a method of chasing a single piece of metal into a fully rounded figure in a freestyle manner.
Compared to the carving of a block or shaping a lump of clay I found modelling a wafer thin skin of metal on pitch quite difficult, apart from technical difficulties inherent in the carving of large stone figures.
The hitch is one cannot start with a volume, like a block or a piece of clay. This volume is very slowly raised like it’s emerging out of a liquid – and yes, the metal is actually flowing under the punches. The whole piece reacts on every single stroke. Major corrections are almost not possible. 

Cellini, who learned this art from master Caradosso Foppa, mentioned the formidable challenges of this kind of sculpture in his autobiography. 

I can only second this old master here, as the path to my latest work was rather difficult and and full of setbacks. But now I am quite pleased by the result. 




The heads of the lionesses, the cubs and the stone settings as well are hammered each out of a single piece of silver. The eyes coloured by fusing on a bit of gold. The antique cut pink sapphires were set “en recoupé” which was a style of setting stones in the European Renaissance. I really think this study in some of the techniques of the Renaisance will be a starting point again in my persuit to develop my own voice in this particular medium. 

Montag, 30. Mai 2011

Maikätzchen - May-Kitties

Pünktlich zum Beginn der Sommerwärme hier in Berlin habe ich einen Ohrschmuck fertig gestellt der wohl dazu passt.
Gähnende Panther in oxidiertem Silber. Der Titel der Arbeit ist Pasu. Das ist das Sanskrit Wort für „Tiere“
Ihre goldenen, zart emaillierten Zungen sind beweglich und die Augen aus goldfolierten Mandarin – Granaten  geformt.
Ich beginne mich in einigen Emaille – Techniken sicherer zu fühlen. Die Modulation der  Farbe des Glases durch dessen Schichtstärke erstaunt mich immer wieder. Ich glaube, man könnte eine Lebensspanne mit diesem Medium verbringen, ohne es auszuschöpfen – wie bei jeder anderen Disziplin der Malerei.


Just at the beginning of the summer´s heat here in Berlin I finished a pair of earrings which may fit to this.
Yawning panthers rendered in oxidized silver. They are called Pasu, which means “animal” in Sanskrit.
Their golden, vitreously enamelled tongues are moveable, and the eyes are made out of gold-foiled mandarin garnets.
I am starting to feel a bit more secure in some of the Enamelling techniques.
The ability to modulate its colour by its layer thickness is something that amazes me in enamel over and over again. I think one could spend a lifetime exploring this media without reaching an end – as it is in every branch of painting.




Samstag, 19. Februar 2011

In Fords Atelier - At Fords Studio

Vor einem Jahr lud mich der südafrikanisch-englische Metallkünstler Ford Hallam zu einem dreiwöchigen Arbeitsbesuch nach Kapstadt ein.

Ford Hallam und ich fanden uns über ein Internetforum.  Er ist meines Wissens der einzige westliche Künstler, der von der mittlerweile auch in Japan arkanen Goldschmiedetradition (kinko) adoptiert wurde.
Nach mehreren Aufenthalten in Japan restaurierte er jahrelang für bekannte Antiquitätenhändler bevorzugt Metallarbeiten der Meiji Zeit.

Dann zog er sich nach Kapstadt zurück, wo er aufwuchs, um eigene künstlerische Vorhaben umzusetzen.

Seine Webseite gibt kleine Einblicke in sein Handwerk und seine Kunst, auch ein kurzer Dokumentarfilm des Regisseurs Brad Schaffer macht dies anschaulich. 



Ich ergriff im November 2007 die seltene Gelegenheit ihn bei einem mehrtägigen Besuch in London zu treffen. Dieses unmittelbare Kennenlernen verstärkte das gegenseitige Interesse.  Ich war nach Verlassen der Kunsthochschule auf der Suche nach einer eigenen Formensprache.

Die mit Ford via Skype begonnenen langen Gespräche setzten wir in London und später in Kapstadt fort. Der Wunsch uns wieder persönlich, vielleicht am Arbeitstisch auszutauschen, verstärkte sich im Laufe der Zeit.

Die Diskussionen lenkten interessanterweise dabei meinen Focus weg japanischen Tradition, hin zum ebenso fast in Vergessenheit geratenen vielseitigen künstlerischen Vermächtnis der Metallbearbeitung der europäischen Renaissance. Dieser Wandel erfolgte schrittweise, bei der Verwirklichung meiner Ideen.

Nach einem Besuch bei dem Schmuckkünstler Otto Jakob in Karlsruhe (Otto Jakob Filmbeitrag) ging meine Suche nach mir gemäßen Ausdrucksmöglichkeiten weiter in Richtung der alten europäischen Techniken.

Dennoch blieben natürlich einige klassische japanische Techniken, nicht zuletzt die  japanische Ästhetik Bestandteil meiner Arbeit.

Ford Hallam unterrichtet mich in Kapstadt in den Grundzügen klassischer Kinko-Techniken - Kebori, Katakiribori, Hira- und Taka zogan, Nunome Zogan,  Uchidashi, Sumitogi und Niage.


Trotz seiner geduldigen, liebevollen Instruktionen und meiner Wissbegierde, mischte sich Frustration in meine positiven Gefühle. Ich hatte einige dieser Techniken im Selbstunterricht nach alten Büchern versucht und mir so natürlich auch falsche Handhabungen eingeprägt.

Neben den physischen Unannehmlichkeiten wie schmerzenden Händen von der ungewohnten Körperhaltung im Umgang mit japanischen Werkzeugen, war es psychisch schwer, den verletzten Stolz zu überwinden. 

Überzeugt meine Arbeit auf einem gewissen Niveau zu tun, war ich nun wieder ein Neuling, der förmlich bei Null begann.
Dieser  Kampf, „vergiss alles – und fang neu an“, der immer wieder zu führende Kampf mit meinem eigenen Stolz war eine grundlegende Erfahrung in Afrika. Natürlich kannte ich aus der Lehr- und Studienzeit ebenfalls ernüchternde Momente,  aber ich war überzeugt, dass ich das gut mache, woran mir wirklich gelegen ist. 
Ford erschütterte dieses Selbstvertrauen. Ich orientierte mich neu im Kernbereich meines Wollens.

Mit freundschaftlicher Geduld, gutem Wein, anregenden Gesprächen, wunderbarem Essen, der Kapstädter Boheme, wie dem Maler Gavin Rain, gelang es Ford, meine innere Balance neu zu justieren.

Danke an Ford und an Jo, seine liebe Frau, für eine wundervolle Zeit am Kap der Guten Hoffnung am Ende Afrikas.   




One year ago the South African- British metal artist Ford Hallam invited me to live and work with him  for three weeks in Cape Town.   Ford and I came in contact via an internet forum. As far as I know he is the only western artist who was adopted by the –meanwhile almost arcane – Japanese metalworking tradition (kinko).

After several stays in Japan he has been restoring mainly Meiji metalwork for specialist antique dealers in London for years.
Than he moved back to Cape Town, were he grew up, to work on his own artistic body of work.


His website and a short documentary directed by filmmaker Brad Schaffer are giving some glimpses of his work.


In November 2007 I took the rare chance to meet him in person while he was visiting London for a few days.
This actual contact enhanced the mutual interest. Since I left art school I was in search for my own design language.
We continued our long discussion we had began via Skype in London and later on in Cape Town.
The wish to meet up again in person, maybe at the work bench, consolidated over the time.

Interestingly, our discussions lead my focus away from the Japanese tradition to the artistic legacy of European Renaissance metalwork, a tradition which faded almost into obscurity too. This change occurred gradually while I was materializing my ideas.
After visiting the artist- jeweller Otto Jakob at Karlruhe my search for my own expression continued researching old European techniques. 
Nevertheless, some classical Japanese techniques and Japanese aesthetics are still part of my work.
 In Cape Town Ford taught me basics of classical kinko techniques – which were Kebori, Katakiribori, Hira- and Taka zogan, Nunome Zogan,  Uchidashi, Sumitogi and Niage.

Despite his patient and affectionate instructions and my inquisitiveness a taste of frustration sneaked into my enthusiasm. Before I came to Cape Town I tried some of these techniques from old books and of course I trained myself in a wrong manner.

Beside the physical troubles like hurting hands resulting from the unfamiliar working positions while using Japanese tools, it became a psychological issue to handle my injured pride.
This struggle - “empty your cup and start again”-, which is ongoing for a lifetime, was one of my basic experiences in Africa.
Of course I knew such disillusioning moments during my studies at art school and during my apprenticeship, but these times I was convinced I am doing well what I really want to do.
Ford unsettled this self-confidence. I had to reorganize the core area of my own wanting.

With a lot of amicable patience, good wine, inspiring discussions delicious food and an introduction into the boheme of Cape Town –like the painter Gavin Rain- Ford managed it, to readjust my inner balance.


Many thanks to Ford and to Jo, his lovely wife, for a wonderful time at the Cape of  Good Hope at the end of Africa.


Fotos taken by Jo Hallam

Samstag, 5. Februar 2011

Ein kurzer Nachtrag - A short followup

Im August des letzten Jahres habe ich hier den Fernsehbeitrag zu meiner Gesellenprüfung (1999) veröffentlicht.

Das dazugehörige Gesellenstück folgt nun.
Es ist ein Anhänger -eine Art Medaillon- mit einem entnehmbaren Yo-Yo.
Das Yo-Yo ist mittels eines Minikugellagers auf der Mittelachse drehbar gelagert, sodaß das Farbspiel der Patina durch die Augen der zieselierten Maske zu sehen ist. Der Griffknebel des Yo-Yos ist die Unwucht im geschlossenen Zustand. Die Mittelachse ist auch der Federmechanismus, der den Bajonettverschluss der Dose einrasten lässt.
Das Stück wurde in 32 Stunden (Standart - Prüfungszeit) angefertigt.


















In august of the last year I posted the TV report about my journeyman´s examination (1999).

The pictures of the corresponding journeyman´s piece are following now.
It is pendant - a kind of a locket-  with a withdrawable Yo-Yo.
The Yo-Yo is rotatably mounted by means of a miniature ball bearing on the central axis. Thus the colours of the Yo-Yos patina are visible through the eyes of the chased mask. The Yo-Yos little toggle works as imbalance when the locked is closed, making the Yo-yo constantly moving.
The central-axis is also the spring mechanism engaging the bayonet lock of the pendant.
The piece was made within 32 hours, which is the standard for jewellers journeymens examinations. 


Dienstag, 25. Januar 2011

Der Reichsapfel des Earl of Rochester - The orb of the Earl of Rochester

Ich habe mich bisher ein wenig gescheut, diese Arbeit öffentlich vorzustellen,
denn das Stück wurde von einem Film angeregt.
Der Film "The Libertine" (trailer) erzählt die Geschichte der letzten Lebensjahre des Earl of Rochester. 
Dieser war, verkörpert im Film von Johnny Depp als eine Art barocker Jim Morrison, ein adliger Lebemann und poetischer Pornograph, der Stücke schrieb. 
Ich fand die Kombination erotischer Burleske im Barocktheater mit der Idee der Verfeinerung des Empfindens, fast im Oscar Wilde´schen Sinne, faszinierend. 


Den Reichsapfel - Symbol des Adels- krönte ich mit einem Kätzchen statt des Kreuzes.

Im Innenleben verborgen befindet sich eine Taschen-Peep-Show...umgeben vom Blumen. 







Der Globus, gefertigt aus getriebenen Halbkugeln in Kupfer-Shibuichi-Maze Gane.




Die Bronzekatze, wie auch der kupferne Rand des Verschlussmechanismus sind mit Gold bestäubt. 
Die mit geschnittenen Blumen verzierte Bühne ist über ein Kugellager drehbar, sodass die silberne Dame von allen Seiten zu betrachten ist.














Until now, I was a bit reluctant to show this piece. This is probably, because it was inspired by a movie.
The film “The Libertine” tells us the story of the last years of the Earl of Rochester.
He was - given in the movie by Johnny Depp as a kind of baroque Jim Morrison- an aristocratic bon vivant and a poetic pornographer, who has written plays.

I found the combination of erotic burlesque at the theatres of this time together with an idea of refinement – almost in a sense Oscar Wilde had embodied- quite fascinating.







The result was a sovereign’s orb- the symbol of nobility- crowned by a pussy instead of a cross. Hidden in the interior there is a kind of pocket- peep show, surrounded by flowers.


Actually the piece should have been exhibited at the first online exhibition of the “Iron Brush Forum”. For different reasons this exhibition never happened.

The globe was made out of hammered half-balls of copper –shibuichi maze gane.  The bronze cat and the copper rim of the locking mechanism were dusted with gold.










The stage which is embellished with engraved flowers can rotate due a tiny ball bearing. This way the little silver lady can be seen from all sides. 

Samstag, 15. Januar 2011

Renaissance Punk

Seit längerer Zeit mal wieder ein Eintrag hier in meinem Blog und der erste in 2011.

Frohes Neues Jahr allen, die hier lesen.

Ich möchte eine gerade fertiggestellte Arbeit von mir zeigen.

Es ist meine Interpretation des klassischen Schädelringes. 

Trotz gemischter Gefühle gegenüber einem bis an die Kitschgrenze strapazierten Motives, ist der formale Wechsel zwischen glatten Flächen, Ornament und stark strukturiertem Relief ein wirklich spannendes Thema für ein Schmuckstück.

Interessanter Weise ergeben sich meiner Meinung nach wieder Bezüge zwischen der alten Vanitas-Symbolik und neueren gesellschaftlichen Entwicklungen. 

Der Ring ist hohlgegossen. Er wurde in klassischer europäischer Manier mit Sticheln graviert und in Champlevé emailliert. 






It has been a long time since I wrote an entry into my Blog and it is the first one in 2011 as well.

A Happy New Year for all readers. 

I want to show a recently finished work of mine.

It is my interpretation of a classical skull ring. Despite my somewhat mixed emotions towards an almost trite topic which tends to be kitschy, I found the formal aspects  like the tension between the large polished shapes, ornament and heavily structured forms a really interesting matter for a piece of jewellery.



Most interestingly, I think lately there are connections again between the old Vanitas motive and contemporary social developments.
The silver jewel was cast hollow.  It was engraved by hand using burins in the classical European manner and enamelled in Champlevé style.